Anders kommunizieren

Maske

Wie hat Corona die interne Kommunikation verändert? Wir haben bei drei Experten und Juroren bekannter Corporate Publishing Awards nachgefragt.

„Hoffentlich keine Eintagsfliegen“

Hermann-Josef Berg, Institut für Interne Kommunikation e.V., EWA Award

„Die Bedeutung der Internen Kommunikation ist gestiegen. Das verdankt sie –
so irrsinnig es klingt – dem Coronavirus. Selten hat ein äußerer Einflussfaktor in den letzten Jahrzehnten das Kommunikationsverständnis derart verändert: Plötzlich werden Mitarbeiter schnell, transparent und wertschätzend informiert, ganz ohne langwierige Abstimmungsschleifen „von oben“. Gut so! Für den EWA Award 2020 haben wir die Sonderkategorie „IK-Konzepte in der Corona-Pandemie“ (erste Welle) ins Leben gerufen – und waren überrascht, wie viel Kreativität in der Internen Kommunikation steckt! Natürlich wurde zum Teil auf altbekannte Informationskanäle zurückgegriffen, aber es gab auch Anpassungen an die digitalen Möglichkeiten und zahlreiche Neuerungen. Wer hätte bis 2020 gedacht, dass Geschäftsführer täglich oder wöchentlich ohne Murren mit den Mitarbeitern kommunizieren und sich diversen, offenen Dialogformaten stellen? Bleibt zu hoffen, dass diese Maßnahmen keine Eintagsfliegen sind.“

Foto Hermann-Josef Berg

„Es gibt nicht nur einen Weg“

Jörg Riedle, Leiter Interne Kommunikation TÜV SÜD AG, Juror BCM

„Die Interne Kommunikation ist schon schon längst aus dem Schatten der Externen getreten – Corona hat diese Entwicklung noch weiter verstärkt. Dass dabei der Trend seit vielen Jahr auch in Richtung User Generated Content geht, ist sehr erfreulich. Diese Inhalte, die direkt von den Mitarbeitenden kommen, haben sich etabliert und ergänzen die redaktionell aufbereitete Kommunikation, ohne sie ganz ersetzen zu können. Diese Vielfalt der Inhalte spiegelt sich auch in der Vielfalt der Kanäle wider. Das sehen wir auch regelmäßig bei den Einreichungen zum BCM. Hier gilt: Auch, wenn der Trend hin zu mehr digitalen Lösungen geht, gibt es nach wie vor nicht den einen, allein richtigen Weg: Lösungen, die für das eine Unternehmen gut sind, passen nicht zwingend auch zum anderen. Deshalb plädiere ich dafür, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig zu Formaten, Inhalten und Frequenz zu befragen.“

 

Bild Jörg Riedle

„Mehr in Netzwerkkommunikation denken“

Christof Hafkemeyer, Stv. Leiter Group Communications, Leiter Internal Media & Collaboration bei der EnBW AG, Jurymitglied Inkometa Award

„Durch Corona ist viel natürliche interne Kommunikation weggefallen – zum Beispiel der Flurfunk oder Präsenzveranstaltungen wie Townhalls. Gelegenheit also, die interne Kommunikation neu zu justieren, vor allem, was die digitale Kommunikation angeht. Bei uns im Unternehmen haben wir schnell eine lang geplante Mitarbeiter News-App an den Start gebracht, veranstalten virtuelle Events und versorgen unsere Kollegen*innen zeitnah und digital mit den wichtigsten Infos – gerade rund um Corona. Unser gedrucktes Mitarbeitermagazin haben wir vorerst eingestellt – aus Nachhaltigkeitsgründen, aber auch, weil die Mitarbeiter*innen es bisher an den Arbeitsplatz geliefert bekommen haben. Wir denken auch darüber nach, was die interne Kommunikation dauerhaft – also nach Corona – erfüllen muss. Gerade, wenn wir dann einen hybriden Ansatz verfolgen aus Präsenz- und Homeoffice. Ich glaube, der Fokus wird in Zukunft noch stärker auf der Netzwerkkommunikation liegen: Weniger zentral gesteuerte und gemanagte Top-Down-Kommunikation und mehr Kommunikation über den Austausch in Netzwerken. Wir als Interne Kommunikation unterstützen das mit Formaten und Beratung und sorgen für Orientierung im Informationsdschungel. Für Printmedien kann ich mir vorstellen, sie künftig für bestimmte strategische Zwecke gezielt einzusetzen.“

Foto Christof Hafkemeyer